Hyperpersonalisierung im Kundendialog: Personalisierte Kundenerlebnisse mit Echtzeitdaten und KI
Veröffentlicht am 14. August 2023
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Um wettbewerbsfähig zu bleiben, müssen sich Unternehmen ständig an neue Anforderungen anpassen. Die Königsdisziplin dieser Optimierung ist die Hyperpersonalisierung des Kundendialogs. Das bedeutet: Jede Kundeninteraktion wird individuell auf die jeweiligen Bedürfnisse zugeschnitten. Mit diesem Ansatz können Finanzdienstleister nicht nur ihren direkten Umsatz steigern, sondern auch ihre Kunden begeistern. Wie das Wirklichkeit werden kann? Mit Echtzeitdaten und künstlicher Intelligenz.
Hyperpersonalisierung: Wenn klassische Personalisierung an ihre Grenze stößt
Klassische Personalisierung kennt jede:r. Ein gutes Beispiel ist der Newsletter, in dem wir persönlich mit unserem Namen angesprochen werden. Dies entspricht aber heute nicht mehr den Kundenerwartungen nach individueller Ansprache. Deshalb wird mit Hyperpersonalisierung der Grad der Individualisierung erhöht. Hyperpersonalisierung unterscheidet sich von klassischer Personalisierung durch die Bereitstellung und Verwendung von Echtzeitdaten. Während die normale Personalisierung auf allgemeine Merkmale und Verhaltensweisen abzielt, geht die Hyperpersonalisierung einen Schritt weiter: Sie basiert auf einer tiefgreifenden Analyse von Echtzeitdaten, um individuelle Kundenpräferenzen und Verhaltensmuster zu verstehen. Die Hyperpersonalisierung des Kundendialogs ermöglicht es Finanzdienstleistern, in Echtzeit maßgeschneiderte Angebote und Empfehlungen zu unterbreiten, die exakt auf die Bedürfnisse und Interessen einzelner Kundinnen und Kunden zugeschnitten sind. Das Ziel ist ein hochgradig personalisiertes Kundenerlebnis, das die Kundenzufriedenheit erhöht.
Insgesamt trägt Hyperpersonalisierung dazu bei, starke Kundenbeziehungen aufzubauen und somit langfristigen Geschäftserfolg zu erzielen. Denn durch hyperpersonalisierte Angebote und Empfehlungen fühlen sich Kundinnen und Kunden besser verstanden und wertgeschätzt, was zu einer starken Kundenbindung führt, die Wahrscheinlichkeit der Kundenabwanderung verringert und sogar die Möglichkeit der Kundenrückgewinnung erhöht. Darüber hinaus bietet die Hyperpersonalisierung einen Wettbewerbsvorteil, da sie durch die Nutzung von Echtzeitdaten und automatisierten Prozessen die Effizienz weiter steigert.
Daten, Daten, Daten: Herausforderungen für einen hyperpersonalisierten Kundendialog
Auf dem Weg zur Hyperpersonalisierung im Kundenmanagement stehen Finanzdienstleister vor großen Herausforderungen – vor allem, was das Thema Daten angeht. Um ein ganzheitliches Kundenprofil zu erstellen, müssen Kundendaten aus verschiedenen Quellen und unterschiedlichen Unternehmensbereichen integriert und analysiert werden.
Eine Herausforderung besteht beispielsweise darin, die Heterogenität der Daten zu gewährleisten, da unterschiedlich formatierte Daten und damit auch zusätzliche Informationen wie Datenschutzpräferenzen aufeinandertreffen. Zudem setzt die Kundeninteraktion in Echtzeit voraus, dass die technische Infrastruktur des Dienstleisters exzellent ist, um das Datenvolumen bei einer stetig wachsenden Kanalvielfalt zu bewältigen. Außerdem müssen die Prozesse rund um Datenschutz, Datensicherheit und Privatsphäre so transparent wie möglich gestaltet werden, um das Vertrauen der Kundinnen und Kunden nicht zu verlieren.
Daten bilden hier jedoch nur die Grundlage. Damit den Daten auch Taten folgen, muss eine technologische Infrastruktur geschaffen werden, die in der Lage ist, Kundinnen und Kunden nach ihren Merkmalen zu segmentieren und mit ihnen in Form von individuellen Botschaften und Angeboten über eine Vielzahl möglicher Kanäle zu kommunizieren. Darüber hinaus ist auch die Einführung von KI unternehmensintern kein Selbstläufer. Hier gibt es viel im Bereich Change Management zu tun, um die Mitarbeitenden auf diese Zusammenarbeit vorzubereiten. Und zu guter Letzt muss auch das Unternehmen selbst datenbasiert denken und den Kunden und die Kundin in den Mittelpunkt stellen.
Die Rolle von KI für hyperpersonalisierte Kundenansprache
Der Einsatz von künstlicher Intelligenz macht es möglich, die großen Datenmengen zu analysieren, relevante Muster zu erkennen und daraus Schlüsse zu ziehen, die zu Vorhersagen des individuellen Nutzer:innenverhaltens führen. Aus diesen Erkenntnissen dann die passenden Aktionen abzuleiten und damit hyperpersonalisierte Interaktionen wie Angebote oder Empfehlungen in Echtzeit zu realisieren, ist ebenso eine Aufgabe, die in diesem Umfang erst durch den Einsatz von künstlicher Intelligenz möglich wird. Letztlich ist es auch die direkte Kundeninteraktion durch virtuelle Assistenten, die bereits heute in Teilbereichen von einer KI übernommen wird.
Viele Finanzdienstleister haben bereits damit begonnen, künstliche Intelligenz vor allem im Bereich der Kundenkommunikation einzusetzen, zum Beispiel um personalisierte Finanzempfehlungen zu geben. Darüber hinaus ermöglicht KI eine genauere Bewertung der Kreditwürdigkeit und die Erkennung von Betrugsfällen.
Auch wenn Hyperpersonalisierung ohne KI möglich ist, so ist sie doch ein entscheidender Booster, wenn es darum geht, diese Prozesse zu skalieren und effizienter zu gestalten. Mit KI ist es nicht nur leichter, große Mengen an Informationen zu verarbeiten und daraus immer wieder neue Erkenntnisse zu gewinnen, sondern es wird auch einfacher, diese Erkenntnisse in automatisch generierte Kundeninteraktionen umzusetzen. Hier kann die derzeit viel diskutierte generative künstliche Intelligenz zum Einsatz kommen. Sie ist in der Lage, verschiedene Arten von Inhalten wie Text, Bilder, Audio oder synthetische Daten zu erzeugen und bietet damit eine Vielzahl von Möglichkeiten, den individuellen Kundendialog zu automatisieren.
Mit der Macht der KI-gestützten Automatisierung geht aber auch Verantwortung einher. Denn der Vorteil von KI, komplexe Aufgaben automatisch zu erledigen, kann gleichzeitig zum Vertrauensproblem aufseiten der Kundinnen und Kunden werden. Damit sich diese Auslagerung nicht negativ auf die Kundenbeziehung auswirkt, müssen solche automatisierten Prozesse möglichst transparent und nachvollziehbar gestaltet werden, damit die Kundinnen und Kunden verstehen, was mit ihren Daten passiert.
Wie leider schon in einigen Fällen zu beobachten war, können rein datenbasierte Entscheidungen zu diskriminierenden Ergebnissen führen. Und auch um Manipulationsvorwürfen vorzubeugen, muss der schmale Grad zwischen Autonomie und Einflussnahme immer wieder bewusst austariert werden. An dieser Stelle ist daher menschliche Expertise unerlässlich, um die Wirkungsweise des Algorithmus zu überwachen und die genaue Ausrichtung stets im Blick zu behalten.
Welche Daten werden für Hyperpersonalisierung benötigt?
Um ein möglichst umfassendes Verständnis der Kundenbedürfnisse zu erlangen, müssen Daten aus verschiedenen Quellen gesammelt und mithilfe fortschrittlicher Analysemethoden und Algorithmen verarbeitet werden. Beispiele für solche Daten sind demografische Informationen wie:
- Alter und Geschlecht, die zur Segmentierung verwendet werden,
- Transaktionsdaten wie die Kaufhistorie, um Produktempfehlungen zu erstellen,
- Verhaltensdaten wie Klickverhalten, Interessen und Vorlieben, die zur Verbesserung der Kundeninteraktion verwendet werden können
- und Kundenfeedback, das zum allgemeinen Verständnis der Kundenbeziehung beiträgt.
Dabei ist es wichtig, dass die Datenqualität hoch ist, was bedeutet, dass die gesammelten Daten ausreichend genau, vollständig, konsistent und relevant sind. Das heißt, sie sind frei von Fehlern und Ungenauigkeiten, weisen keine Lücken oder Inkonsistenzen auf und sind aktuell. Die Kombination dieser verschiedenen Daten verschafft Finanzdienstleistern ein umfassendes Bild ihrer Kundinnen und Kunden und ihrer Bedürfnisse und versetzt sie so in die Lage, die Kundeninteraktionen auf individueller Basis hyperpersonalisiert auszusteuern.
Wie sich Hyperpersonalisierung und Datenschutz gegenseitig beeinflussen
Mit steigendem Reifegrad der Hyperpersonalisierung sowie der verstärkten Nutzung von künstlicher Intelligenz, wachsen nicht nur die Komplexität und der Mehrwert dieser Unternehmung, sondern auch die rechtlichen Herausforderungen. Grundsätzlich gelten die gleichen Regeln wie außerhalb der Hyperpersonalisierung. Der Unterschied besteht jedoch darin, dass zum einen möglichst viele und möglichst personenbezogene Daten benötigt werden, also genau die Art von Daten, die wir als besonders schützenswert erachten. Zum anderen läuft nicht nur die Verarbeitung, sondern auch die Verwertung der aus den Daten gewonnenen Erkenntnisse weitgehend automatisiert ab. Das bedeutet, dass mit zunehmender Entscheidungsfreiheit der KI auch eine entsprechende Aufsicht notwendig wird, um eine angemessene Datensicherheit zu gewährleisten.
Neben rechtlichen Folgen kann die Nichtbeachtung datenschutzrechtlicher Belange dazu führen, dass die Bereitschaft der Kundinnen und Kunden sinkt, bestimmte Systeme zu nutzen. Im schlimmsten Fall kann das Vertrauen in die Marke erschüttert und eine negative Abwärtsspirale der Kundenbewertung in Gang gesetzt werden. Eine erfolgreiche Hyperpersonalisierung, die zu einer langfristigen Kundenbeziehung führt, basiert daher auf Vertrauen und Transparenz. Dies kann am besten erreicht werden, indem die Einwilligung der Kundin oder des Kunden zur Datensammlung, die Transparenz der Datenverarbeitung und die sichere Aufbewahrung der Daten zu einer nicht verhandelbaren Priorität gemacht werden.
Hyperpersonalisierung braucht gebündelte Erkenntnisse aller Unternehmensbereiche
Die Notwendigkeit des Zusammenspiels verschiedener Unternehmensbereiche, was für die Schaffung eines individuellen Kundenerlebnisses unabdinglich ist, wird im Kontext der Hyperpersonalisierung besonders deutlich. So fördert eine effiziente Marketing- und Vertriebsstrategie die Optimierung von Kundenwert und Umsatz. Die Steigerung der Serviceeffizienz erhöht die Kundenzufriedenheit und wirkt sich positiv auf das Churn Prevention Management aus. Darüber hinaus tragen die gebündelten Erkenntnisse aus diesen Bereichen zu einem besseren Verständnis der Kundin oder des Kunden in ihrer Gesamtheit bei. Gemeinsam bilden sie einen ganzheitlichen Ansatz, um Hyperpersonalisierung erfolgreich umzusetzen und einen nachhaltigen Kundendialog zu initiieren.
Um Marketing- und Vertriebsaktivitäten durch hyperpersonalisierten Kundendialog zu optimieren, ist es notwendig, Echtzeitdaten auf möglichst granularer Ebene zu nutzen. Denn umso detaillierter die vorliegenden Informationen sind, desto individueller kann eine Zielgruppe angesprochen werden. Dadurch werden Streuverluste sowie der Aufwand deutlich minimiert und das eingesetzte Budget wird effektiver genutzt.
Ein hochgradig personalisierter Service ist schneller, effizienter und führt zu einer höheren Kundenzufriedenheit. Dies ist nicht verwunderlich, wenn verschiedene Kundenserviceeinheiten nahtlos zusammenarbeiten, um ein Gesamtbild des:der Kunden:Kundin zu erhalten, welches die Berücksichtigung aller bekannten Präferenzen und Ereignisse ermöglicht.
Durch die feingranulare Analyse von Kundendaten im Zuge der Hyperpersonalisierung lassen sich auch Up- und Cross-Selling-Potenziale besser erkennen. Die daraus abgeleiteten Angebote und Empfehlungen haben eine deutlich höhere Trefferquote und verlängern die Kundenbindung, da sie den Kundinnen und Kunden das Gefühl geben, verstanden zu werden. Diese Verbesserung wirkt sich positiv auf die Kundenertragsdauer aus und führt daher auch zur Steigerung des Umsatzes.
Durch Hyperpersonalisierung im Kundendialog können Warnsignale für potenzielle Kündigungen frühzeitig erkannt und mit höherer Erfolgswahrscheinlichkeit verhindert werden, was insbesondere im Churn Prevention Management Gold wert ist. Durch die individuelle Ansprache der Kundinnen und Kunden unter Berücksichtigung ihrer Bedürfnisse und Präferenzen können personalisierte Anreize und Maßnahmen gesetzt werden, um sie frühzeitig von einer möglichen Kündigung abzuhalten. Denn dieses vorausschauende Vorgehen ist wesentlich erfolgversprechender als der Versuch, Kundinnen und Kunden nach einer bereits erfolgten Kündigung zurückzugewinnen. Darüber hinaus ermöglicht die Zusammenführung aller über eine Kundin oder einen Kunden verfügbaren Daten, wie sie im Rahmen der Hyperpersonalisierung erfolgt, einen wesentlich tieferen Einblick in die komplexen Prozesse, die zu einer Kündigung führen, da Querverbindungen zwischen Informationen und Ereignissen aus unterschiedlichen Bereichen sichtbar werden.
Potenzial und Möglichkeiten von Hyperpersonalisierung im Kundendialog
Die Zukunft der Hyperpersonalisierung des Kundendialogs im Finanzdienstleistungssektor ist vielversprechend. Bereits heute kann jeder Kundin und jedem Kunden durch individuelle Ansprache ein hyperpersonalisiertes Erlebnis geboten werden. In Zukunft werden Interaktionen in Echtzeit immer mehr Einzug halten. Künstliche Intelligenz wird die Genauigkeit von Vorhersagen stetig verbessern und auch die virtuelle Unterstützung im interaktiven Kundenerlebnis weiter vorantreiben.
Beispielsweise können Finanzdienstleister durch IoT-Geräte wie Smartwatches zusätzliche Datenpunkte über ihre Kundinnen und Kunden und deren Verhalten sammeln. Die Blockchain-Technologie wird die Sicherheit und Transparenz von Transaktionen weiter erhöhen und Kundeninteraktionen können durch Augmented und Virtual Reality immersiver und interaktiver gestaltet werden. Die Hyperpersonalisierung wird vor allem in Zukunft ein immer wertvolleres Mittel zur Anpassung der Kommunikation an die Kundenbedürfnisse sein.
Verfasst von
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Oliver Bitterwolf
Associate Partner und Versicherungsexperte
Wavestone
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