Kundenzentrierung: Die Antwort auf individuelle Mobilitätsbedürfnisse von morgen
Veröffentlicht am 10. April 2024
- Customer Experience
- Reisen, Transport & Logistik

In den vergangenen Jahren haben sich die Anforderungen an Mobilität grundlegend verändert. Während das Fortbewegungsmittel selbst nur noch auf Platz zwei ist, rücken Flexibilität und individuelle Kundenbedürfnisse in den Vordergrund und haben oberste Priorität. Das macht Kundenzentrierung für die Zukunft der Mobilitätsbranche erfolgskritisch – setzt gleichzeitig aber voraus, die Bedürfnisse der Kunden und Reisenden von heute und von morgen genau zu kennen, zu verstehen und Geschäftsmodell sowie Dienstleistung dementsprechend aufzusetzen.
Was sind Mobilitätsbedürfnisse?
Mobilitätsbedürfnisse sind abhängig vom Mobilitätsanlass und den individuellen Umständen der Personen: Menschen wollen sich von A nach B bewegen, aber je nach Rahmenbedingung eben auch besonders kostengünstig, nachhaltig, sicher oder komfortabel. Doch was davon im Fokus steht und mit welcher Ausprägung ist hochgradig individuell und situativ. Und als wäre das nicht schon ausreichend komplex, spielen auch Umweltfaktoren, wie das Wetter oder der aktuelle Gemüts- oder Gesundheitszustand eine wichtige Rolle bei der Wahl des Verkehrsmittels.
Auf einen Blick: Kunden und ihre Mobilitätsbedürfnisse
Nahtlose Mobilität
Einfachheit und geringe Komplexität sind zentrale Entscheidungskriterien der Verkehrsmittelwahl. Lange war der Inbegriff hierfür das eigene Auto: Einsteigen, losfahren. Heute reicht die Anforderung jedoch weiter. Auch auf intermodalen Reiseketten fordern Kunden zunehmend Einfachheit beim Informieren, Buchen und Bezahlen, aber eben auch in der Durchführung der Reisekette selbst. Nahtlose Mobilität (Seamless Mobility) ist die Antwort auf dieses Bedürfnis. Hilfreich kann zum Beispiel eine Plattform beziehungsweise eine App sein, die die gesamte Reise abdeckt und sowohl private als auch öffentliche Mobilitätsangebote verknüpft. So ermöglicht eine solche Plattform integriertes Informieren, Buchen und Bezahlen und begleitet Kunden auch während ihrer Reise, indem sie im Störungsfall Informationen weitergibt oder Umbuchungen erlaubt.
Multimodale Mobilität & mehr Flexibilität
Der Wunsch nach flexiblen Mobilitätsangeboten, die schnell und digital buchbar sind, steigt – und das nicht nur für ein einzelnes Verkehrsmittel, sondern multi- und intermodal über öffentliche und private Mobilitätsangebote hinweg. Hier spielt auch der zunehmende Trend des Nutzens statt Besitzens rein. Shared Mobility rückt immer weiter in den Vordergrund. Multimodale Mobilität funktioniert also dann, wenn die Mobilitätsangebote nicht nur digital vernetzt sind (über eine App oder Plattform), sondern auch physisch. Denn: Was nützt eine Mobilitätsplattform, wenn das Angebot vor Ort nicht integriert ist?
Preiseinfachheit und -transparenz
Heute ist multimodale Mobilität ein einziger Preis- und Tarifdschungel. Jeder Sharing-Anbieter verrechnet anders, im ÖPNV greifen unzählige Tarifgebiete und Tarifzonen. Das Deutschland-Ticket zeigt: Es geht auch anders und diese Preiseinfachheit macht ÖPNV und multimodale Mobilität attraktiver. Natürlich gilt auch der dringende Wunsch nach bezahlbarer Mobilität. Mit Transparenz, flexiblen Preismodellen und einer Vereinfachung im Preissystem können Mobilitäts- und Plattformanbieter jedoch das Bedürfnis nach Transparenz und Einfachheit im Preis aufgreifen. Was in anderen Branchen mit Preisvergleichsplattformen völlig normal ist und auch im Luftverkehr schon vorhanden ist, ist für die multimodale Mobilität nicht umgesetzt – weil eben nicht gleiches mit gleichem verglichen werden kann, da es das heutige Preissystem nicht vorsieht.
Zuverlässigkeit und Taktung
Digitalisierung und integrierte Mobilität sind wichtige Aspekte. Mobilität muss jedoch zuverlässig verfügbar sein. Das bringt hohe Anforderungen an Pünktlichkeit, Umsteigezeiten sowie Taktung und Verfügbarkeit von Mobilität – auch im ländlichen Raum – mit sich. Digitalisierung kann dabei helfen, indem Kunden echtzeitdatenbasiert passende Routen und Verkehrsmittel oder Alternativen im Störfall vorgeschlagen werden. Auch die Flexibilisierung des fahrplangebundenen Linienverkehrs, z.B. durch On-Demand-Shuttles greift diesen Bedarf auf.
Wie können Mobilitätsakteure den Bedürfnissen gerecht werden?
Kundenzentrierung ist also das entscheidende Stichwort für die Mobilität der Zukunft. Mobilitätsanbieter müssen Nutzer:innen in den Mittelpunkt ihrer Angebote und Planungen stellen. Eine gute Herangehensweise ist beispielsweise die kontinuierliche Erhebung von Mobilitätsbedürfnissen – sowohl von Nutzer:innen und Nicht-Nutzer:innen alternativer Fortbewegungsmittel zum Auto. So lassen sich Mobilitätsangebote kundenzentriert und passend zur jeweiligen Region gestalten. Dabei sollten Mobilitätsakteure die gesamte Customer Journey betrachten – und zwar bereits ab dem Zeitpunkt, an dem Nutzer:innen ihre Reise planen. Das eigene Auto in der Einfachheit seiner Nutzung ist dabei ein wichtiger Maßstab. Dafür gilt es, in Serviceangeboten statt Transportleistung zu denken und als Mobilitätsökosystem vernetzt zu agieren, statt jeder Mobilitätsanbieter für sich alleine.
Für eine erfolgreiche Mobilitätswende ist es wichtig, Nicht-Nutzer:innen von sich zu überzeugen. Neue Geschäftsmodelle, wie On-Demand-Mobilität, Mobilitätsplattformen, wie Mobility inside oder der DB Navigator sind die ersten wichtigen Stellhebel. Aber Rahmenbedingungen können sich verändern. Das hat die Pandemie in den vergangenen Jahren mehr als eindrücklich gezeigt. Von heute auf morgen kann Nachfrage nach Mobilität aufhören, andere Anforderungen rücken in den Vordergrund, wie Hygiene und persönlicher Raum. Die Mobilitätsbranche, das gesamte Ökosystem, muss daher hochgradig anpassungsfähig und schnell handlungsfähig werden – IT- und transportleistungsseitig.

Für eine erfolgreiche Mobilitätswende ist es wichtig, Nicht-Nutzer:innen zu überzeugen.
Mobilitätsbedürfnisse verstehen und kundenzentriert handeln
Wenn aus Beförderungsvorfällen Kunden werden, müssen Mobilitätsanbieter im Sinne konsequenter Kundenzentrierung auch deren individuelle Mobilitätsbedürfnisse verstehen und in den Fokus stellen. Denn Mobilität bedeutet für Kunden nicht nur, sich von A nach B zu bewegen, sondern je nach Anlass und individuellen Umständen kostengünstig, nachhaltig, sicher oder komfortabel unterwegs zu sein. Seamless Mobility, multimodale Mobilität und Flexibilität, Preiseinfachheit und -transparenz, Zuverlässigkeit und Taktung sind aktuell die vier zukunftsweisenden Mobilitätsbedürfnisse von Kunden.
Diese Anforderungen zu verstehen und die Planungen und Angebote danach zu gestalten, ist in Zukunft erfolgskritisch für Mobilitätsanbieter. Nur so kann es langfristig gelingen, auch überzeugte Autofahrer:innen für neue Mobilität zu begeistern. Mobilitätsbedürfnisse sind aber auch ständig im Wandel und müssen kontinuierlich hinterfragt werden – somit gilt es für Mobilitätsanbieter, auch Flexibilität und Adaptionsfähigkeit im Hinblick auf ihre Angebote und Dienstleistungen zu beweisen.
Verfasst von
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Dr. Isabella Geis
Associate Partner – Deutschland, Frankfurt am Main
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