Generative KI in Unternehmen: Statusbericht und Trends im 2024
Veröffentlicht am 25. September 2024
- Daten & Künstliche Intelligenz
Ein Überblick über den Markt für generative KI
Wettlauf zur Innovation – angetrieben von Milliardeninvestitionen
Die von den Akteuren des Marktes für KI-Lösungen investierten Summen konzentrieren sich hauptsächlich auf zwei Dimensionen: Forschung und Entwicklung (F&E) sowie Infrastruktur. Microsoft hat beispielsweise seit 2019 über 10 Milliarden Dollar in OpenAI investiert, um seine Führungsposition im Bereich der großen Sprachmodelle (Large Language Models, LLM) wie GPT-4 zu behaupten, das nun über den Copiloten in Microsoft 365 integriert ist. Google entwickelt weiterhin sein eigenes Modell Gemini und prüft gleichzeitig Kooperationen mit Unternehmen wie Anthropic.
Die Infrastruktur, insbesondere der Erwerb von GPUs (Graphics Processing Units), bleibt ein zentrales Thema Sie bilden das Rückgrat der LLMs. Angetrieben von einer exponentiell wachsenden Nachfrage für KI-Hardware durch die KI-Pioniere hat die Marktkapitalisierung von NVIDIA, unangefochtener Marktführer im Bereich der GPUs, die Marke von 1.000 Milliarden Dollar in 2023 überschritten.
Eine Diversifizierung der Sprachmodelle und strategische Partnerschaften zur Bewältigung der Herausforderungen des Go-to-Market
Während große Sprachmodelle wie GPT-4.5 oder Claude 3 den Markt weiterhin dominieren, ist eine bemerkenswerte Diversifizierung im Gange. Spezialisierte Modelle, die für spezifische Aufgaben entwickelt wurden, gewinnen an Beliebtheit. So hat Google beispielsweise kleinere Versionen seiner Gemini-Modelle eingeführt, die besser auf die besonderen Bedürfnisse bestimmter Branchen abgestimmt sind und diese Technologien damit auch für mittelgroße Unternehmen zugänglicher machen. Darüber hinaus erforschen Unternehmen wie Meta Modelle, die auf soziale und interaktive Funktionen ausgerichtet sind. Andere Anbieter fokussieren spezifische Anwendungen in den Bereichen Gesundheit, Finanzen oder Bildung.
Der Markt wird zudem durch eine Vielzahl strategischer Partnerschaften belebt. Microsoft und Apple arbeiten eng mit OpenAI zusammen, um KI in ihre jeweiligen Ökosysteme zu integrieren und so die Leistung und Fähigkeiten ihrer Plattformen zu optimieren. Darüber hinaus haben Google und Amazon ihre Allianzen mit Anthropic, einem vielversprechenden Start-up, verstärkt. Diese Partnerschaften ermöglichen nicht nur eine Innovationsbeschleunigung, sondern dienen auch der Entwicklung fokussierter Lösungen, die den vielfältigen Bedürfnissen von Unternehmen, Regierungen und Endnutzern gerecht werden. Schließlich entstehen branchenübergreifende Kooperationen, bei denen traditionelle Unternehmen mit KI-Marktführern zusammenarbeiten, um Anwendungen zu entwickeln, die ganze Branchen wie Automobil, Logistik und Medien transformieren.
Eine Blase, die bald platzt?
Dieser Innovationswettlauf ist nicht ohne Risiken. Analysten erwähnen immer häufiger das Auftreten einer KI-Blase. Ein mögliches Nachlassen der Nachfrage nach GPUs, erste Anzeichen einer Marktsättigung und wachsende Zweifel an der langfristigen Rentabilität dieser Technologien lassen das Gespenst einer drastischen Korrektur aufkommen. Ein leichtes Absinken des NVIDIA-Aktienkurses trotz starker Ergebnisse im August 2024 könnte erste Anzeichen einer Marktverlangsamung sein.
Drei Buchstaben, die die Zukunft der KI in Unternehmen bestimmen: ROI
Das Akronym „ROI“ (Return on Investment) ist zum Schlagwort für generative KI in Unternehmen geworden. Während im Jahr 2023 und Anfang 2024 die Angst, den technologischen Wandel zu verpassen (der berühmte „FOMO“), viele Unternehmen dazu veranlasste, generative KI schnell zu übernehmen, zeigt dieser September eine Rückkehr zu größerer Vernunft. Die Unternehmensführungen werden sich dieses Investitionsbedarfs, die diese Technologien erfordern, immer mehr bewusst, deshalb steht die Suche nach geeigneten Use Cases, die einen greifbaren und rechtfertigbaren ROI bieten, im Vordergrund.
Individuelle Produktivität und Automatisierung von Aufgaben: es gibt keine Debatte mehr!
Einer der Bereiche, in denen die KI-Lösungen derzeit sehr gute Ergebnisse erzielt, ist die Steigerung der Mitarbeiterproduktivität. Auf dem französischen Markt haben große Unternehmen wie TotalEnergies, Danone und Amadeus begonnen, Tools wie Copilot für M365 in großem Umfang einzusetzen. Diese Tools sind in die täglichen Arbeitsabläufe integriert. Sie ermöglichen es, wertvolle Zeit zu sparen, indem sie sich wiederholende Aufgaben automatisieren, bei der Erstellung von Dokumenten oder E-Mails unterstützen oder komplexe Informationen zusammenfassen. Laut McKinsey könnten Unternehmen, die Lösungen dieser Art nutzen, die Produktivität ihrer Mitarbeiter bis 2025 um 20 bis 30 % steigern.
Der Produktivitätsgewinn ermöglicht es den Teams, sich verstärkt auf strategische Aktivitäten zu konzentrieren. Damit steigern sie die Erreichung ihrer Ambitionen und Ziele. Beispielsweise ermöglicht die generative KI in der Personalabteilung die Automatisierung der Erstellung von Stellenbeschreibungen oder der Zusammenfassung von Rekrutierungsabläufen. Das senkt nicht nur die Betriebskosten, sondern verbessert auch die Qualität der Prozesse und schafft damit einen doppelten Nutzen für die Organisation.
Trotz der nicht unerheblichen Kosten der Lösung sind ein klar positiver ROI zu verzeichnen.
KI-Lösungen im Kerngeschäft: ROI absichern
Über die Produktivitätsgewinne hinaus sollten generative KI die „Kernprozesse“ der Unternehmen verbessern. Hier müssen die Anwendungen zwingend einen überzeugenden ROI nachweisen. Dazu müssen sie zunächst im Rahmen eines PoCs überzeugen, um dann in größerem Maßstab implementiert zu werden.
Es gibt jedoch immer mehr schöne Erfolgsgeschichten. Ein global tätiges Unternehmen, das sich auf Abfallmanagement spezialisiert hat, nutzte die Innovation, um die Erkennung und automatische Sortierung von Flaschen in seinen Recyclingzentren zu optimieren: Die KI generierte Millionen von Bildern komprimierter Flaschen auf unterschiedliche Weise, die dann in den Sortieralgorithmus übernommen wurden. Das steigerte die Erkennungsrate erheblich. In einem anderen Beispiel setzt ein internationaler Automobilhersteller die KI-Lösungen ein, um seine Benutzerhandbücher automatisch zu übersetzen. So erzielt er beträchtliche Einsparungen bei den Übersetzungskosten.
Die erfolgreichen Projekte müssen jedoch mehrere Hürden überwinden.
Unter anderem die Risiken im Zusammenhang mit den „generativen Halluzinationen“ der KI zeigen immer wieder und gefährden den angestrebten ROI. In der Medizin könnten falsche – von der KI generierte – Diagnosen, die Patienten gefährden und für die betroffenen Institutionen rechtlichen Konsequenzen nach sich ziehen. Ebenso könnten in der automatisierten Inhaltserstellung fehlerhafte Informationen die Glaubwürdigkeit oder Reputation eines Unternehmens beeinträchtigen und kostspielige Korrekturen nach sich ziehen.
Weitere Faktoren können den ROI negativ beeinflussen: hohe Implementierungs- und Wartungskosten, ethische oder rechtliche Probleme im Zusammenhang mit unangemessenen Inhalten, die Abhängigkeit von der Datenqualität. Ebenso die Komplexität der Integration in bestehende Systeme, der Widerstand der Nutzer gegenüber der Einführung von Technologie sowie die Herausforderungen im Zusammenhang mit der Datensicherheit und dem Mangel an Transparenz der Modelle können sich negativ auswirken. Jeder dieser Aspekte kann die Wirksamkeit und die erwarteten Vorteile beeinträchtigen, weshalb das rigorose Management dieser Risiken entscheidend ist, um eine Maximierung des ROI abzusichern.
Über den ROI hinaus: Ökologische und soziale Herausforderungen
Auch wenn die KI-Lösungen die Rentabilität der Unternehmen steigern kann, so ist sie dennoch auch immer wieder Gegenstand von Debatten über die ökologischen und sozialen Herausforderungen.
Generative KI und die Umweltproblematik
Die Innovation von KI beruht weitgehend auf energieintensiven Infrastrukturen, die für das Training von Modellen wie GPT oder Gemini notwendig sind. Im Jahr 2023 erreichten die Treibhausgasemissionen von Google beispielsweise 14,3 Millionen Tonnen CO₂. Das entspricht einem Anstieg von 48 % gegenüber dem Referenzjahr 2019. In seinem jüngsten Umweltbericht erklärte der Suchmaschinengigant: „Während wir KI in unsere Produkte integrieren, könnte die Reduzierung der Emissionen schwierig werden.“
Angesichts dieser Realität stehen die Unternehmen vor einer dringend zu lösenden Herausforderung: Innovationstechnologie und Umweltverantwortung in Einklang zu bringen. Dieses Spannungsfeld ist umso größer für die Unternehmen, denen eine strenge Umweltcharta sowohl intern als auch von ihren Kunden und Partnern auferlegt werden. Die Einführung generativer KI reduziert sich dann nicht mehr nur auf die einfache Berechnung des Return on Investment. Vielmehr verpflichtet sie die Organisationen zu einem breiteren Ansatz, bei dem technologische Leistung und Nachhaltigkeit im Einklang existieren. Die Kunden, zunehmend für Umweltfragen sensibilisiert, verlangen nun konkrete Beweise für nachhaltige Engagements. In Reaktion darauf bevorzugen Unternehmen wiederum Dienstleister, die auch einen reduzierten ökologischen Fußabdruck nachweisen können, sei es durch die Nutzung ökologischer Rechenzentren oder durch die Entwicklung von Modellen, die im Hinblick auf einen geringeren Energieverbrauch optimiert sind.
Generative KI und die Zukunft der Arbeit: Zwischen Chance und Bedrohung
Eine zunehmende Automatisierung durch KI stellt aus sozialer Sicht die Frage nach der Zukunft der Arbeit. Diese Technologien optimieren zwar bestimmte Prozesse, bergen aber auch die Gefahr, dass zahlreiche Arbeitsplätze überflüssig werden, was das Risiko der Arbeitsplatzunsicherheit noch erhöht. Zum Beispiel sind Dateneingabeberufe, die traditionell von gering qualifizierten Arbeitskräften ausgeübt werden, heute stark von der Automatisierung bedroht. Ebenso ersetzen konversationelle KI-Systeme nach und nach die Agenten in Callcentern und verringern die Nachfrage nach dieser Art von Arbeit. Schließlich beginnt die KI im Finanzsektor komplexe Aufgaben wie die Finanzanalyse oder das Rechnungswesen zu automatisieren.
Der Nutzen aus der Automatisierung kann jedoch nur dann entstehen, wenn generative KI ein Leistungsniveau erreichen, das dem des Menschen gleichwertig oder sogar überlegen ist. Das Vertrauen in diese Technologien ist entscheidend: Wenn die Ergebnisse aus KI nicht zuverlässig, präzise oder kreativ, wie die eines Menschen ist, so wird sie keine Akzeptanz bei Unternehmen und der breiten Öffentlichkeit erreichen. Daher ist und bleibt die menschliche Aufsicht nach wie vor unerlässlich. Mitarbeiter müssen im Umgang und der Zusammenarbeit mit der KI zusammenzuarbeiten geschult werden. Sie müssen die Qualität der generierten Ergebnisse überwachen und anpassen. Besonders wichtig für eine breite Akzeptanz ist es, sicherzustellen, dass die KI-Systeme transparent und ethisch arbeiten, ohne Vorurteile oder Fehler, die schwerwiegende Folgen haben könnten.
Angesichts der Vielzahl an Herausforderungen ist es unerlässlich, dass der Übergang zu einer verstärkten Automatisierung verantwortungsvoll gestaltet wird. Fortlaufende Trainings und berufliche Umschulungen benötigen absolute Priorität, um ein zunehmendes Misstrauen der Mitarbeiter gegenüber als entmenschlichend empfundenen Technologien und daraus resultierende Spannungen innerhalb der Organisationen zu vermeiden. Das Ignorieren der sozialen und ethischen Dimensionen erhöht das Risiko einer ungleichen und fragmentierten Gesellschaft, in der nicht alle gleichermaßen aus den Vorteilen einer zunehmenden Automatisierung profitieren.
Schlussfolgerung
Zusammenfassend lässt sich sagen: Die Produktivitätsgewinne und das Innovationspotenzial von generativen KI sind unbestreitbar. Es bestehen jedoch erhebliche Herausforderungen, sie nachhaltig in den Strategien der Unternehmen zu etablieren. Der Schlüssel zum Erfolg liegt in einem ausgewogenen Ansatz, bei dem die wirtschaftliche Leistung unbedingt mit technologischer Leistung, ethischen, ökologischen und sozial verantwortlichen Praktiken in Einklang gebracht werden muss. Nur Unternehmen, die es schaffen, wirtschaftliche Leistung und Verantwortung in Einklang zu bringen, werden langfristig vom Potenzial der generativen KI profitieren.
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Julien Floch
Associate Partner – Frankreich, Paris
Wavestone
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